Wie alles anfing

Wie bei so vielen Dingen im Leben, spielte auch bei der Gründung unseres Dojos der Zufall eine entscheidende Rolle.

Als Lehramtsstudent Fritz Wendland (1942 - 2020) zum Sommersemester 1963 aus Hamburg zur Universität Göttingen wechselt, hat er mit Sport eigentlich nicht sonderlich viel am Hut, meint aber, dass eine ausgleichende körperliche Betätigung wohl eine sinnvolle Ergänzung zum weitgehend sitzend verbrachten Studienalltag wäre. Beim Unisport-Angebot sticht ihm Jiu Jitsu ins Auge, verspricht es doch neben der reinen Sportkomponente auch noch eine praktische Nutzanwendung in der Selbstverteidigung.

In der ersten Übungsstunde vermittelt der Übungsleiter nicht nur die ersten vorbereitenden Grundtechniken und bringt seine Schützlinge mit Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining an ihre Grenzen, sondern erzählt ihnen auch von einer neuen japanischen Selbstverteidigungs-Sportart namens „Karate“, in der er sie ab der nächsten Übungsstunde ebenfalls unterweisen wolle. Den Studierenden ist es einerlei, und so nimmt das Karate-Training bald den größten Teil der Übungszeit in Anspruch. Da der Trainer den Standpunkt vertritt, dass nur regelmäßiges Training zu Erfolgen führt, wird aus zweimal wöchentlichen 90 Minuten außerdem schnell ein (inoffizielles) tägliches Training – jeden Morgen von 6 bis 8 Uhr in der Frühe.

Im März 1964 finden in Göttingen die ersten Deutschen Karate Meisterschaften statt. Die Deutsche Wochenschau filmt das Ereignis, Ausschnitte laufen in allen deutschen Lichtspielhäusern, und aufgrund des großen öffentlichen Interesses wird die Karate-Gruppe im Sommersemester offiziell und steht jetzt auch neuen Mitgliedern offen. Wendland wird Co-Trainer und fährt nun mit dem Trainer regelmäßig zum Training bei Jürgen Seydel, dem Begründer des Karate in Deutschland. Im April 1965 darf Wendland, inzwischen 2. Kyu, an einem Ausbilderlehrgang des DKB mit vier japanischen JKA-Instruktoren (Taiji Kase, Hirokazu Kanazawa, Keinosuke Enoeda und Hiroshi Shirai) teilnehmen, zu dem nur 22 Karateka aus ganz Deutschland zugelassen sind. Nachdem er sich bei den 2. Deutschen Karate-Meisterschaften im Kata- und Kime-Shiai gut präsentiert hat, darf Wendland am folgenden Tag als einziger 2. Kyu mit drei weiteren Prüflingen, die bereits den 1. Kyu haben, bei den japanischen Instruktoren die Prüfung zum Shodan ablegen, die nach den gleichen harten Kriterien durchgeführt wird, die auch in Japan gelten.

Im folgenden Jahr belegt Wendland bei den 3. Deutschen Karate Meisterschaften sowohl im Kata- als auch im in Deutschland zum ersten Mal durchgeführten Kumite-Shiai den 3. Platz. Kurz darauf unternimmt er eine große Asienreise, im Rahmen derer Wendland auch mehrere Wochen im JKA Honbu Dojo Tokyo bei Masatoshi Nakayama trainiert, dem damaligen Chief-Instructor der JKA. Im März 1967 erringt Wendland bei den 4. Deutschen Karate Meisterschaften erneut den 3. Platz im Kumite-Shiai. Die Wochenschau berichtet ausführlich von dem Großereignis, und auch Wendland ist in dem Bericht zu sehen.

Am 1. April 1967 nimmt Wendland in Fallersleben seinen Beruf als Mittelschullehrer auf. Bereits nach wenigen Tagen wird er von zwei Schülern gefragt, ob er wohl einer der Karate-Kämpfer aus der Wochenschau sei. Wendland bejaht, und so nimmt die Geschichte ihren Lauf: Hans-Günter Kuligowski und Bernd Rosilius bitten ihn, sie und einige weitere Interessierte in Karate zu unterweisen. Wendland holt kurzentschlossen die Genehmigung zur Nutzung der Gymnastikhalle nach Unterrichtsschluss ein, und so finden sich bald 6 neugierige Schüler (Lutz Gonschior, Wilfried Krüger, Hans-Günther Kuligowski, Dieter Meyer, Hermann Rosilius und Wolfgang Ulrich) zu ihrer ersten Schnupperstunde Karate ein. Wenig später stößt auch Burghard Rebmann zur Gruppe, der der bis heute erfolgreichste Fallersleber Karateka werden sollte.

So wie er es in Göttingen bei Schmidt gelernt hat, erwartet auch Wendland von seinen Schülern von Anfang an vollen Einsatz, Härte gegen sich selbst und eiserne Disziplin. Muskelkater, blaue Flecken und Blasen an den Füßen gehören selbstverständlich zum Training dazu, doch die Fallersleber lassen sich davon nicht abschrecken. Sie bleiben dabei und so werden sie unter dem Dojo Göttingen beim DKB gemeldet, damit sie einen Ausweis erhalten und Prüfungen ablegen können. Und das Dojo wächst. Langsam, aber stetig. 

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